Direkte Demokratie hilft bei der Entwicklung von Kinderbetreuungskonzepten
Insgesamt drei Tage dauerte im September 2020 der erste Bürger:innenrat im bayerischen Kirchanschöring. Zunächst berieten 15 per Los aus dem Melderegister ausgewählte Personen an zwei Tagen im Bürger:innenrat über die Frage, wie die zukünftige Kinderbetreuung aussehen soll. Dieser Prozess wurde begleitet von Tanja Schnetzer und Cordula Riener-Tiefenthaler, beide Gründungsmitglieder des Dynamic Facilitation e.V..
An einem dritten Tag wurden die mit Hilfe von Dynamic Facilitation entwickelten zukunftsweisenden Ideen in einem Bürger:innen-Café weiteren interessierten Bürger:innen der Gemeinde vorgestellt. Auch hier konnten alle mitmachen und in drei Diskussions-Runden die vorgestellten Konzepte bewerten und weiterentwickeln. So entstand am Ende ein buntes Bild, wie sich die Kirchanschöringer:innen zukünftig die Betreuung und Entwicklung ihrer Kinder vorstellen.
Hans-Jörg Birner, Kirchanschörings Erster Bürgermeister, war durch die Gemeinwohl-Ökonomie auf diese Idee gekommen und hatte den Bürger:innenrat als Bürger:innenbeteiligungsinstrument in seiner Gemeinde angeschoben. „Bürger:innenbeteiligung gibt es ja in allen möglichen Formen schon recht lang“, erklärt er seine Entscheidung für dieses neue Format. „Der Bürger:innenrat ist eine besondere Methode, die es in unserer Region so noch nicht gibt. Er ist relativ neu, daher waren wir auch gespannt, ob er hier bei uns überhaupt funktioniert.“
Sylvia Köberle, Christina Schuhbäck und Helmut Schmid, die als Bürger:innen an dem gesamten Prozess teilgenommen haben, zeigten sich sehr zufrieden mit dem Ergebnis und erlebten die Arbeit mit den anderen Bürger:innen als respektvoll, kreativ und wichtigen Bestandteil gelebter Demokratie. „Durch die Methode war es ein respektvoller Umgang unter uns allen. Man hat sich immer wohlgefühlt und gemerkt, dass die eigene Meinung trägt“ beschreibt Christina Schubäck ihre Erfahrung. „Das hat den ganzen Denkprozess vereinfacht, weil man nicht die Blockade gehabt hat, wenn ich jetzt was sage, dann denken alle, das passt nicht, also sage ich es lieber nicht. Doch jeder hat immer gesagt, was er denkt, was er fühlt und alle anderen haben es akzeptiert und zugehört. Und das hat diese extrem positive Dynamik entwickelt.“
Die Umsetzung der Bürger:innenbeteiligung mit Dynamic Facilitation erschafft für alle Teilnehmer*innen einen Raum für das freie Fließen der Gedanken. Das Format eignet sich für alle Themen, die in einer Kommune und bei der Bevölkerung wichtig sind und brennen, wie z.B. die Entwicklung von Verkehrskonzepten, Ideen zur zukünftigen Mobilität, Konzepte für das Altwerden der Zukunft, Beantwortung von Klimafragen, die Zukunft Landwirtschaft oder auch die Integration der Meinungen von Kindern und Jugendlichen in bspw. einem eigenen Rat. Ziel ist immer die Lösungsfindung bei komplexen Fragestellungen und Aktivierung der Kreativität und Weisheit der Vielen. Auch wenn Situationen konfliktbeladen sind und es scheinbar keine Einigung geben kann, greift dieses Format und entwickelt zumeist einmütige Lösungen.
Bürgermeister Birner zeigte sich sehr zufrieden mit dem ersten Bürger:innenrats-Prozess in seiner Gemeinde. „Es sind sehr konkrete Empfehlungen zur Verbesserung von Verkehr und Infrastruktur sowie zur Gestaltung der Betreuungszeiten entstanden“, fasst er die Ergebnisse zusammen, „Darüber hinaus wurden Ideen für zukünftige, pädagogische Konzepte und vor allem die Vision eines „Campus für Kinder“ mitten in unserem Dorf entwickelt. Ich halte viele Inhalte für umsetzbar und freue mich schon sehr auf die Umsetzung!“
Die Ergebnisse des Prozesses werden die Bürger:innenräte nun noch in einer gemeinsamen Sitzung dem Gemeinderat vorstellen. Anschließend wird über die nächsten Schritte der Umsetzung beraten und entschieden. Das Projekt wurde vom Amt für Ländliche Entwicklung gefördert.
Kontakt
Tanja Schnetzer
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